JuSD: Jugendarbeit und Subjektorientierte Drogenhilfe
„Präventionsarbeit und mittelabhängige Suchtberatung“ wendet sich vorrangig an Jugendliche und junge Erwachsene im Kiez Richardplatz Süd, durch dessen Quartiersmanagement es gefördert wird. Das Projekt wird umgesetzt durch die AG „Jugendarbeit und Subjektorientierte Drogenhilfe“ (JuSD) des Vereins „Subjektorientierte Drogenhilfe e.V.“. Ziel des Vereins ist es, Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, über den von ihnen als problematisch wahrgenommenen Drogenkonsum zu sprechen, zu diskutieren und zu reflektieren, um auf diese Weise gemeinsam individuelle Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Der Verein engagiert sich seit Februar 2009 mit verschiedenen Projekten im Drogenhilfssystem. Die AG JuSD ist bisher in Kooperation mit den Fachkräften des Jugendclubs Sunshine-Inn (Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.) realisiert worden. Im Rahmen von Einzel- und Gruppengesprächen, Informationsveranstaltungen und aufsuchender Jugendarbeit bieten wir eine für Jugendliche und junge Erwachsene speziell ausgerichtete Drogenberatung an. Unser Vorgehen fußt auf der subjektorientierten Herangehensweise der Kritischen Psychologie.
Unser Ansatz
Im Vordergrund unserer Arbeit steht das Ausloten von Gestaltungsspielräumen, die Menschen im Rahmen ihrer Lebensführung haben. Gesellschaftliche Bereiche wie Familie, Erziehung, Schule und Ausbildung etc. können einerseits neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Andererseits werden diese Verhältnisse nach Prinzipien organisiert, die nicht den eigenen Interessen und Bedürfnissen entsprechen müssen. Menschen sollen möglichst gut funktionieren, um sich effizient in ökonomische und gesellschaftliche Abläufe einzubringen. Menschen können sich entscheiden diese Bedingungen gut zu finden. Sie können die Vorgaben, die daraus entstehen zu ihren Eigenen machen und psychische und soziale Strategien entwickeln mit der Fremdbestimmtheit ihres Lebens umzugehen. Vielleicht akzeptiert der oder die Einzelne das, weil er/sie keine Alternativen zu diesen Bedingungen sieht, oder weil die Begründungen ihrer Notwendigkeit nicht hinterfragt werden. Menschen können auch bestimmte Normen übernehmen, die sie dermaßen unter Druck setzen, dass sie gar nicht mehr handlungsfähig sind, oder sich sperren, ausreißen, ohne genau sagen zu können warum.
Wir bewegen uns im Rahmen gesellschaftlicher Strukturen, die Zwänge darstellen und unseren Handlungsmöglichkeiten oft enge Grenzen setzen. Gleichzeitig wird unser Handeln durch diese Bedingungen nicht festgelegt, sondern wir entscheiden uns für Partizipation, Verweigerung oder Veränderung, für diesen Weg oder einen anderen. Wir treff en Entscheidungen und
übernehmen Verantwortung.
Was hat das alles mit dem Konsum von Drogen zu tun?
Jugendliche konsumieren Drogen nicht unmotiviert. Der Konsum erfüllt für sie eine Funktion. Sie haben Gründe, sich für diesen Konsum zu entscheiden. Wenn Menschen Drogen konsumieren, können für sie daraus Probleme entstehen. Diese gilt es ernst zu nehmen und in ihrem Zusammenhang mit den konkreten Lebensbedingungen zu betrachten. Diese Situationen spielen oft eine bedeutende Rolle:
• prekäre Lebensverhältnisse
• unsichere Lebensperspektive
• Stress in der Schule, Ärger mit dem Chef
• gesellschaftlicher Umgang mit Drogen
• Sanktionen der Eltern
• Ausgrenzung, Marginalisierung und Kriminalisierung
• körperliche Überforderung
• Ohnmachtsgefühle gegenüber der Droge
• Suche nach Anerkennung
• Ritualisierung des Drogenkonsums
Folgende Fragen könnten sich Jugendliche stellen und Motivation für die Teilnahme am Projekt sein:
• Warum konsumiere ich?
• Warum ist der Konsum zum Problem geworden?
• Welche anderen Handlungsmöglichkeiten habe ich?
Wenn Jugendliche sich ihre Gründe für den Konsum verdeutlichen und die damit verbundenen Bedingungen erkennen und verstehen lernen, die Funktionen des Konsums und mögliche negative Folgen besser einschätzen, können sie die Entstehung von Problemen anders einordnen. Sie können ihr Handeln hinterfragen und ihre Entscheidungen auf einer bewussten Ebene verankern. Dem Konsum wird ein gewisser Automatismus genommen.
Unsere Arbeitsweise
Wir werden mit den erfahrenen Fachkräften im Richard-Kiez zusammenarbeiten. Deshalb kooperieren wir eng mit den Stadtteilzentren „Outreach“ in der Niemetzstr. 20 und „Die Scheune“ in der Böhmischen Str. 39a und weiteren Aktiven im Kiez. Gemeinsam werden wir Jugendliche auf der Straße aufsuchen. Im Rahmen dieser aufsuchenden Jugendarbeit werden wir Jugendliche über Drogen aufklären, mit ihnen diskutieren und auf unsere weiteren Angebote aufmerksam machen.
In Einzel- und Gruppengesprächen versuchen wir gemeinsam mit Jugendlichen ihre jeweiligen Gründe für den Konsum psychoaktiver Substanzen aufzuschlüsseln. Von was gehen sie aus? Auf welcher Grundlage haben sie bisher ihre Entscheidungen getroffen? Wie kann der als problematisch empfundene Zusammenhang im Rahmen der konkreten Lebensverhältnisse gestaltet und verändert werden? Die Anlaufstelle befindet sich in der „Scheune“.
In den Präventionsveranstaltungen sollen den Jugendlichen Wissen über Drogen und ihre Wirkungen vermittelt werden. Dieses Wissen kann sie unterstützen, die positiven und negativen Wirkungen besser einzuschätzen und gestalten zu können, um sich dadurch effektiver zu schützen. Zentrale Elemente dieser Veranstaltungen sind: Substanzkunde, Rechtsfragen, Information über und Vermittlung an das Drogenhilfssystem und unterstützende Regeln im Sinne von „Safer-Use“.
Wir möchten Jugendlichen und jungen Erwachsenen Wissen über Drogen und ihren Konsum vermitteln, um sie in die Position der bewusst Handelnden zu versetzen. Die vermeintliche Mächtigkeit der Droge soll auf diese Weise entmachtet werden. Der erste Schritt dahin ist es zu verstehen, dass niemand dem Konsum von Drogen ausgeliefert ist, dass Drogen keine uneingeschränkte Macht besitzen. Uns geht es darum, Jugendliche zu ermächtigen, ihre jeweiligen Entscheidungen souverän zu treffen. Es ist nicht die Droge, die konsumiert werden muss, sondern es ist der Einzelne, der sie konsumieren möchte.